Zen Kokoro – Worte wie eine Alpaka-Weide: still, weit, zum
Verweilen einladend.
Das unberührbare Gemälde
Stell dir ein
Gemälde vor, das niemals verblasst, das keine Zeit kennt, das sich
nie abnutzt, weil es nicht aus Farbe besteht, sondern aus etwas
viel Feinerem, etwas, das sich weder greifen noch besitzen lässt
– ein Bild, das aus Wahrnehmung geboren wird, das sich nur zeigt,
wenn du innehältst, wenn du aufhörst zu suchen, wenn du das
Gewicht der Vergangenheit ablegst und die Sehnsucht nach der
Zukunft verstummen lässt.
Dieses Gemälde, es
lebt nicht auf einer Leinwand, nicht auf Holz, nicht in einem
goldenen Rahmen an der Wand einer Galerie; es lebt im Raum
zwischen deinen Gedanken, in den Schatten, die das Sonnenlicht
auf einen stillen Waldboden malt, in der Bewegung der Luft, die
durch die Weiten der Steppe streicht, in den goldenen Reflexen
auf dem Fell eines Alpaka, das ruhig auf einer Wiese steht, ohne
Ziel, ohne Sorge, einfach da.
Es ist ein Bild,
das du nicht mit deinen Augen siehst, sondern mit deinem Sein
spürst, ein Farbenspiel, das in dir auftaucht, wenn du dich
öffnest für den Augenblick, wenn du dich nicht länger als etwas
Getrenntes siehst, sondern als Teil der schimmernden Seifenblase,
die die Wirklichkeit umhüllt – eine Seifenblase, die in tausend
Farben flimmert, obwohl sie aus Nichts gemacht ist, eine Grenze,
die zugleich Form gibt und verschwindet, sobald du sie
berührst.
Du kannst dieses Gemälde nicht besitzen,
es nicht festhalten, nicht einmal wirklich beschreiben, denn
sobald du es versuchst, entzieht es sich dir wie Wasser, das
durch deine Finger rinnt, wie Nebel, der sich auflöst, sobald du
ihn fassen willst. Es erscheint nur, wenn du stehen bleibst,
wenn du lauschst, wenn du nicht mehr bewertest, nicht mehr
einteilst in schön und hässlich, in richtig und falsch, in
Vergangenheit und Zukunft – dann öffnet sich etwas in dir, eine
Stille, ein Raum, der immer da war, der immer ist, aber den du
erst spürst, wenn du dich traust, in ihn einzutreten.
Und wenn du dann
da stehst, vielleicht mitten auf einer Wiese, während der Wind
sanft deine Haut berührt, während eine Wolke langsam vorüberzieht,
während du den Atem eines Tieres spürst, das einfach nur da ist,
ohne zu fragen, ohne zu zweifeln – dann weißt du es. Dann
wird dir klar, dass es nie darum ging, etwas zu finden, sondern
nur darum, das zu erkennen, was nie verborgen war.